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Geschichte

Das Gelände, auf dem heute die Vetternwirtschaft steht, wurde zum erstenmal im Ersten Weltkrieg bebaut. Nach einer Anordnung des bayerischen Kriegsministeriums von 1915, wurde bei Fürstätt eine "Sanierungsanstalt" für die durchziehenden Truppen- und Gefangenentransporte errichtet. In den insgesamt 103 Baracken und Hallen wurden während des Ersten Weltkriegs die Soldaten entlaust, mit neuer Kleidung versehen und ihre Ausrüstungsgegenstände desinfiziert.
1921 erwarb die Stadt das Areal "zur Behebung der Wohnungsnot".

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, genauer im Juni 1946, beantragte das "Leichentransportunternehmen" Georg Schmid, auf einem von der Stadt gepachteten Grundstück im ehemaligen Sanierungsgelände, eine Garage und eine Autowäscherei zu errichten.

Innerhalb eines Monats erhält Herr Schmid die Genehmigung und beginnt im Oktober 1946 mit dem Bau der Garage. Eine Autowäscherei wird jedoch nie errichtet.

Die Mauern der Garage für den Rosenheimer Leichenwagen sind im Prinzip die Grundmauern der heutigen "Vettern". Drei Jahre später, im August 1949 beantragte Schmid den Umbau zu einer "Öffentlichen Kantine", was von den umliegenden Betrieben begrüßt wurde. Am 16.08.1949 beschließt der Bausenat einstimmig die Genehmigung. Auch wenn in den folgenden Jahrzehnten das Gebäude (mit und ohne Genehmigung) immer wieder leicht verändert wurde, so sind es im Prinzip die selben Räumlichkeiten, welche seitdem als Gaststätte genutzt werden.

Jahrelang wurde das Oberausstüberl von Frida Maier geführt, weshalb die Gaststätte im Volksmund "bei da Frida" hieß. Als 1982 die "Frida" ihre Wirtstätigkeit aus Altersgründen beendete, pachtete der Verein für bodenständige Kultur e.V. das Gelände.
Der Kulturverein wurde bereits 1980 von damals achtzehn jungen Leuten beim "Waller" in Reisach (bei Oberaudorf) gegründet. Eines der Vereinsziele war von Anfang an klar:

"Der Verein für bodenständige Kultur sollte Heimat für jegliche künstlerische Aktivität sein und keinen ausgrenzen" so das Gründungsmitglied und Ehrenvorsitzender Johann Opperer.
Von der ersten Veranstaltung, einem "Regierungsfeindlichen Hoagaschd" im Juni 1980, bis heute ist man diesem Motto treugeblieben. "Das was wir machen ist unser Programm - eine einzelne Schublade ist uns zu eng" steht 1985 treffenderweise in der  Festschrift zum 5-jährigen Vereinsjubiläum. Auf die Frage, was denn der Höhepunkt des vergangenen Vierteljahrhundert Kulturarbeit war, weiß Opperer gar nicht wo er anfangen soll.

"Für mich persönlich das Maibaumaufstellen, oder die zehnte Zurschaustellung unnötiger Produkte oder..."

Die Heimat der Kulturfreunde ist seit 1982 das selbstverwaltete Vereinslokal "Vetternwirtschaft", hier findet auch ein Grossteil der Vereinsaktivitäten statt. "Mit der Vettern wurde ein Freiraum geschaffen, in dem sich fast jeder Selbstverwirklichen kann" erklärt der Vorstand des Kulturvereins Reiner Sailer. Dieser "Freiraum" wird von den derzeit über 200 Vereinsmitgliedern auch aktiv genutzt:
Egal ob Jazz Jam Sessions, Filmabende, politische Diskussionen oder die Schafkopfrunde, in der Vettern gibt es fast nichts - was es nicht gibt. Organisiert wird der Betrieb der Vetternwirtschaft nicht von einem Chef, sondern von einem ehrenamtlich arbeitenden Wirteteam. Dieses trifft sich monatlich um anstehende Entscheidungen zu treffen, Veranstaltungen zu planen und den Kneipenbetrieb zu organisieren.
Nur selten werden die alltäglichen Vetternaktivitäten in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen, doch gelegentlich findet sich die Vetternwirtschaft auch in der Presse wieder.
Zum Beispiel 2003, als die Behinderten Stiftung des Landkreises Rosenheim der Vetternwirtschaft die "Goldene Rampe" für die geleistete Behindertenintegrationsarbeit verlieh. Aber auch in der Vettern ist nicht immer alles perfekt, mal ist es die finanzielle Situation, ein anderes Mal Anwohnerbeschwerden über Lärmbelästigung.

Doch unterkriegen lassen will sich die Vetternwirtschaft nicht. "Unkraut vergeht nicht", lächelt Reiner Sailer und  nimmt einen Schluck von dem Weißbier das vor ihm auf dem Tisch im urigen Biergarten der etwas anderen Kneipe steht.


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